Kaffee

Schönen Erinnerungen die Krone aufsetzen

Eine Hommage an den Kaffee von Anna Trinler

Ein paar Minuten bleiben mir noch, also setze ich mich auf eine Bank. Dicht drängeln sich Reisende durch das Vestibül des Flughafengebäudes. In regelmäßigen Abständen prasseln scheppernde Durchsagen über die Lautsprecher auf Menschen mit Koffern, Kindern, Blumensträußen, Business-Outfits, Duty-Free-Tüten und „Coffee to Go“-Bechern ein.  An letztere und ihren heißen Inhalt verliere ich einige Gedanken. Pappbecher mit Plastikdeckelchen, darunter steht meistens „Caution Contents hot“ oder „Achtung heiß“. Der Kaffee aus den Pappgefäßen ist meistens so heiß, dass der schnelle Konsum gar nicht möglich ist, weil das Gebräu erstmal abkühlen muss.

Apropos schneller Konsum: Ist die Tasse oder der Pott Kaffee für Kaffeetrinkende Menschen nicht der tägliche Luxus im Alltag? Zwischen Terminen, Problemen, Wunderminuten, Calls, Vertragsabschlüssen und Kindererziehung? Ich erinnere mich an einen Kühlschrankmagneten, den ich schon öfters in touristischen Präsent-Läden gesehen habe. Darauf eine Dame im 1950er Jahre Stil, neben ihr die Aufschrift: „DRINK COFFEE – Do Stupid Things faster with More Energy“. Daran muss ich gerade denken, während ich das geschäftige Treiben am Airport beobachte, das mich an ein Wimmelbilderbuch für Kleinkinder erinnert.

Schnell noch einen Kaffee auf die Hand, der die Müdigkeit vertreiben und vielleicht sogar Strukturgebend und stellvertretend für Heimat und Gewohnheit sein soll. Etwas, an dem man sich wortwörtlich festhalten kann.

Aufgrund unserer schnelllebigen Zeit wundert es nicht, dass das „unterwegs und im Gehen-Konsumieren“ die zeiteffizienteste Methode zu sein scheint. Die Betonung liegt auf scheint, beobachtet man den Trend, dass mehr Achtsamkeit sich selbst gegenüber irgendwie salonfähig geworden ist. Manufakturen, in der richtig echter Kaffee aus Maschinen gebrüht wird, die so viel wie Kleinwagen kosten, fügen sich immer mehr in die Stadtbilder berühmter Metropolen ein. Meines Erachtens hat das genau den oben geschilderten Grund, weil an unseren Kaffee-Momenten vermutlich viel mehr hängt, als schnöde Koffein-Kicks.

Manchmal hilft der Kaffee einfach dabei durchzuatmen, wenn sich die Ereignisse überschlagen. Hilft aus dem Nachmittags-Tief, stiftet Geselligkeit oder ist einfach das I-Tüpfelchen auf einer Reise. Ich durfte schon viel reisen, und weiß es sehr zu schätzen, mein Ritual des morgendlichen Kaffees fast überall auf der Welt erleben zu dürfen.

Ob in der Morgensonne auf einem marokkanischen Rihad, nach einem guten Essen in Ravenna, in einem balinesischen Pool im Dschungel oder ganz klassisch im Hotel Sacher bei einem gleichnamigen Stück Torte. Eine warme Tasse Kaffee hilft nicht nur Wunden zu heilen, sondern kann einmalig schönen Erinnerungen noch die Krone aufsetzen. Oder um es mit den Worten von Jonny Cash zu sagen: „This morning, With her, Having Coffee“ als Antwort auf seine Frage wie er das Paradies beschreiben würde.

Also lasst uns mal wieder mehr Zeit zum Kaffeetrinken einplanen, in echten Tassen und mit Zeit zum Durchatmen.