Nachösterlicher Paukenschlag im Sauerland: Severin hat ein Jahr nach seinem 125. Geburtstag gestern Nachmittag den Verkauf aller Gesellschaftsanteile an den bisherigen Minderheitsgesellschafter, die Dortmunder Unternehmerfamilie Knauf (bislang 49% der Anteile), bekannt gegeben. Rudolf Schulte und seine Familie werden schon zum Monatsende aus dem operativen Geschäft des Sunderner Traditionsunternehmens aussteigen.
Die vermeintlich schwierige Wirtschaftslage von Severin – verstärkt insbesondere durch und seit dem Einstieg ins Geschäft der Kaffee-Vollautomaten – wurde unter Branchen-Insidern schon lange diskutiert. Und dass man die wirtschaftliche Talsohle durchschritten habe, gehörte seit Jahren zu einer stetig wiederkehrenden Verlautbarung. Bereits seit 2014 ist die Unternehmerfamilie Knauf mit an Bord bei Severin. Schon damals sprach man von einer „langfristig angelegten Beteiligung“. Das Ziel: die Marke Severin auszubauen und zu fördern, beispielsweise über die Neuentwicklungen von Produkten, aber auch im Vertrieb durch ein „Shop-in-Shop“-System. Der Vertrieb von Severin-Produkten in den Lichthöfen der Möbelhäuser ist nur ein Beispiel für diese Strategie.
Man weiß, woran man ist
Das Knauf nun das vollständige Sagen auf der Severin-Kommandobrücke hat, muss keine schlechte Nachricht sein, ganz im Gegenteil: Zum einen ist die Knauf Gruppe ein Familienunternehmen par excellence und eben kein branchenferner Finanzinvestor. Zum anderen bleibt Christian Strebl nicht nur an Bord, sondern wird das Unternehmen künftig – zusammen mit Ulrich Cramer, dem bisherigen kaufmännischen Geschäftsführer – leiten. Damit dürfte auch in der Severin-Belegschaft endlich Ruhe einkehren. Man weiß, woran man ist und mit wem man es künftig zu tun hat.
Der Ex-De’Longhi Mann Strebl ist für Severin ein Glücksfall: Seit dem 1. August 2017 in Sundern, hat er in der Funktion des Gesamtvertriebs- und Marketing Directors schnell seine eigene Handschrift hinterlassen. In der Branche ist Strebl bestens vernetzt und verfügt über umfassende Marktkenntnisse. Strebl kam im Jahr 2007 zu De’Longhi, blieb dort ein Jahrzehnt und hatte dort maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens beigetragen. Die heutige Positionierung der Marke De’Longhi sowie der Ausbau der Marke Kenwood und die erfolgreiche Integration der Marke Braun Household sind maßgeblich mit seinem Einsatz verbunden. Strebl sagt man einen ausgeprägten Sinn für strategische Entwicklungen und Trends nach.
Ein Glücksfall
Im Zuge der Neuausrichtung von Severin ist Strebl nun wie geplant zum Geschäftsführer mit Verantwortung für Vertrieb, Marketing und Produktmanagement bestellt worden. Ulrich Cramer ist seit 2015 für die kaufmännischen Bereiche Finanz- und Rechnungswesen, Controlling, Personal, IT, Supply Chain sowie Logistik und Einkauf bei Severin verantwortlich.
Die Knauf Gruppe wiederum kann auf eine lange, bewegte Geschichte (nicht nur mit Baustoffen) zurückblicken. Dabei hat sie im Laufe der Jahrzehnte die erfolgreiche Wandlung vom reinen Familienunternehmen zur global agierenden Unternehmensfamilie vollbracht – ohne dabei wesentliche Grundwerte wie Miteinander, Wir-Gefühl oder Partnerschaftlichkeit aus den Augen zu verlieren. Zur „Realisierung einer dynamischen Wachstumsstrategie“ hat die Familie Knauf alle Gesellschaftsanteile der Familie Schulte an der Severin Elektrogeräte GmbH übernommen.
Severin wurde 1892 vom gelernten Schmied Anton Severin gegründet. Er produzierte zunächst in Sundern Werkzeuge, Schnitte und Stanzen für die aufstrebende Metallindustrie. Seit 70 Jahren werden in Sundern aber auch Elektrokleingeräte, insbesondere Grills oder der viel beachtete „Wurster“ produziert. Gefertigt wird aber auch in einem eigenen Werk im chinesischen Shenzhen.
Der bisherige geschäftsführende Gesellschafter Rudolf Schulte begrüßt die jetzt vollzogene Komplett-Übertragung: „Wir freuen uns, dass wir die Firmengruppe in den letzten Jahren so grundlegend neu ausgerichtet haben. Für das Unternehmen und für meine Familie war es nun der richtige Zeitpunkt, das Angebot der Familie Knauf anzunehmen und die Verantwortung komplett in ihre Hände zu übergeben.“ Severin soll nun „mit weiteren gezielten Investitionen in Marketing, Vertrieb und Produktmanagement“ zu weiterem Wachstum geführt werden.