Kaffee

„Sinnlicher Lebensbegleiter“: Ein Streifzug durch Kölner Kaffeeröstereien

Köln ist nicht nur Dom- und Bierstadt, Köln ist auch Kaffeestadt. Alteingesessene Cafes treffen auf eine junge Röster-Szene. Wer durch Köln schlendert, kann wunderbaren Kaffee genießen. Wir haben die Fotografin Natalia Schnippering auf die Reise geschickt, um einen ganz persönlichen Blick in die Szene zu werfen.

Ich selber trinke gerne besondere Kaffee-Spezialitäten. So war es eine Freude für mich, jetzt drei junge Kölner Unternehmen zu besuchen, die Rohkaffee veredeln. Mein Streifzug begann im Mülheimer Carlswerk, ein altes Industriegelände, das sich inzwischen zu einem bunten-lebendigen Stadtquartier gewandelt hat, und endet bei einem Röster im Veedel (so nennt der Kölner seinen Kiez) in Köln-Sülz im Westen der Stadt.

Moxxacaffè: Geben & Nehmen

In der Schanzenstraße in Köln Mülheim besuche ich Moxxacaffè. Sie verstehen sich als ganzheitlich agierende Kaffeeexperten und vereinen Rösterei, Café und eine Kaffeeakademie namens L´Accademia. Im lichtdurchfluteten Café, eingerichtet mit Retro-Möbeln in einem loftartigen Ambiente spreche ich mit einem der Gründer und jetzigen Geschäftsführer, Dirk Barthelmeß. Der Kaffee ist fair gehandelt, biozertifiziert, aus nachhaltiger Landwirtschaft und mehrfach mit der Goldmedaille anlässlich des Cupping-Wettbewerbs ausgezeichnet. „Die hohe Qualität ist wichtig und auch, dass es kein Massenprodukt ist“ – so erklärt mir Barthelmeß, denn: „Kaffee spielt eine so große Rolle im Leben und ist ein so wunderbarer Lebensbegleiter, ein emotionales und sinnliches Produkt.“ Die Zukunft des Kaffes habe viel mit dem Bewusstsein des einzelnen Menschen zu tun und entwickelt sich immer mehr zum nachhaltigen Qualitätsprodukt: eben bio, regional und nachhaltig.

Stichwort Klimawandel: Wenn die Ernten eines Tages begrenzt sind, die Nachfrage aber immer mehr steigt, könnte das koffeinhaltige Heißgetränk ein endliches Produkt werden? Ein Szenario, das für die meisten Kaffeeliebhaber unvorstellbar ist. „Daher ist eine enge Zusammenarbeit mit den Farmen so wichtig“, sagt Barthelmeß und betont: „es ist ein Geben und Nehmen, der Weg geht über Professionalität und Qualität – und die hat ihren Preis“.

Während ich meinen frisch aufgebrühten Kaffee aus Äthiopien (Region Yirgacheffe) genieße, sprechen wir über ein Zukunftsprojekt von Barthelmeß: eine eigene Plantage auf La Gomera mit Partnern aufzubauen, um auch in Europa Kaffee anzubauen – eine schöne Vision des charmanten Kaffeespezialisten.

www.moxxacaffe.net

www.accademiadelcaffe.net

Van Dyck: „Der Laden gehört den Kunden mit“

Weiter geht es, nur ein paar Meter Luftlinie entfernt, zu Van Dyck. Hier treffe ich auf das Gründer-Duo Monika Linden und Martin Keß. Sie zogen 2016 mit ihrer Rösterei und Café auf das Gelände im Carlswerk. Begonnen hatte alles bereits vor zehn Jahren in Köln-Ehrenfeld im ehemaligen „Figaro von Ihrefeld“, einem Friseursalon aus den späten 1950er Jahren. Dort steht heute noch die Espressobar in der Körnerstrasse.

Beim Betreten des Cafés steigt mir der angenehme, frische Duft des Kaffees in die Nase. Ein schöner Ort, um zu verweilen: Gelbe Polstermöbel treffen auf bräunliche Ziegelwände, sorgen so für ein warmes Ambiente. Das preisgekrönte Logo „Van Dyck“ schmückt eine der Wände. Sie machen sich viele Gedanken über die Gestaltung, die komplette Corporate Identity verrät mir Linden: „Wir durchdenken alles genau, jede Schrift, jeder Absatz, selbst auf der Verpackung, ist für uns von Bedeutung“.

Für beide ist die Auswahl des Rohkaffees sehr wichtig. Ihr Kaffee stammt aus biologischem Anbau und fairem Handel. Die Kirschen werden per Hand gepflückt, die Röstung dauert zwischen 15 und 20 Minuten. „Unsere Kunden sind kompetent und anspruchsvoll, das ist eine schöne Herausforderung für uns“, sagt Martin Keß. Monika Linden ergänzt: „Der Laden gehört den Kunden mit – durch ihren Kauf. Wir lieben unsere Arbeit und möchten authentisch sein.“

Die beiden haben früh damit begonnen, den Einweg-Pappbecher der Umwelt zuliebe abzuschaffen und in Pfandbecher zu investieren, die landesweit zurückgetauscht werden können. Linden. „Damit erreichen wir eine durchgängige Nachhaltigkeit.“ Mittlerweile bieten sie regelmäßige Schulungen an. Ihre Konsumenten möchten mehr über Kaffee wissen, auch die Art und Weise des Verfahrens, aus Kaffeebohnen einen aromatischen Röstkaffee zu gewinnen.

Aktuell arbeiten viele Menschen im Home-Office. Aber sie haben sich ihren Lieblingskaffee online nach Hause bestellt. „Wir finden es auch toll, wenn Leute nach Berlin ziehen und unseren Kaffee mitnehmen“. Die Begeisterung der beiden Firmengründer nehme ich mit einem leckeren Espresso „Adorno“ (der van Dyck-Klassiker) wahr. Ein Ort zum Wohlfühlen.

Jackson: Vom Kaffee wach geküsst

Der nächste Besuch führt mich auf die andere Rheinseite nach Köln-Sülz in einen idyllisch gelegenen Hinterhof zu Jackson – Kaffee, Rösterei und Werkstatt. Beim Betreten des Cafés steigt mir ein heimeliger Rauchton von einem gerade in Gang gebrachten Holzofen in die Nase, dann Kaffeeduft, aromatisch, frisch – eine wunderbare Mischung! Schon seit seinem achten Lebensjahr trinkt Michael Kühn Kaffee. Seine Eltern hatten eine Bäckerei, und er half zusammen mit seinen Brüdern im Familienbetrieb mit: Sehr frühes Aufstehen war für Kühn ganz normal: „In der Backstube stand Kaffee, der hat mir natürlich nicht geschmeckt, aber er hat mich wachgemacht. Kaffee hat immer schon zu mir gehört“.

Schnell kommt der Kaffeeliebhaber geht auf die zweite Lebenshälfte zu sprechen: „Was möchte ich noch machen, wozu habe ich richtig Spaß? Das hier macht mich so richtig glücklich!“ Die Tendenz zum guten Kaffee begann, als seine Frau an einer La Pavoni-Handhebelmaschine großen Gefallen fand. Da sprang für Kühn der Funke über. „Kaffee kann so wunderbar lecker sein und so vielfältig, danach habe ich nur guten Kaffee getrunken“, so der agile, sympathische Unternehmer. Als eine Maschine kaputtging, brachte er es sich selber bei, diese zu reparieren. Inzwischen hat Michael Kühn so viel Erfahrung, dass er über eine kleine Werkstatt verfügt: „Ich bin kein Freund davon, Sachen wegzuschmeißen, sondern sie in Ordnung zu bekommen“.

Seinen Rohkaffee bezieht er aus Ländern wie Brasilien, Indien und Peru. Dabei setzt er auf vielfältigen Geschmack und fairen Handel: „Ich habe bei einem Seminar in Berlin einen Äthiopischen Yirgacheffe als Filterkaffee getrunken. Der schmeckte im Nachgang wirklich nach Brombeere – das hätte ich nie für möglich gehalten“. Kühn schwört auf die Vielfalt des Röstverfahrens: „Hier probiere ich aus. Für mich ist es wichtig, zunächst eine gute Qualität an Bohnen zu bekommen. Bei der Trommelröstung nimmst du dir die Muße, zwischen 15 und 20 Minuten zu rösten. Ich mache das wie in der elterlichen Backstube: Ich schaue mir das nach Auge, Gefühl und Nase an und habe trotzdem mein Profil dabei im Kopf.“

Einen Trend beim Kaffee sieht Kühn vor allem in der Wertig- und Nachhaltigkeit. Es bereitet ihm große Freude, wenn Kaffeeliebhaber in kleinen Röstereien kaufen. Die Frage, wie groß das eigene Unternehmen werden soll? Sein Ziel ist eher, der vielseitige, Veedelsröster’ zu werden: „Das Schöne am Kaffee ist, es macht einen ruhiger, entspannter – es ist eine Pflanze, die braucht ihre Zeit, bis sie wächst und ihre Zeit, bis sie verarbeitet ist“.                                                 Natalia Schnippering

Über die Autorin …

Natalia Schnippering ist Kaffee-Genießerin, passionierte Fotografin und Videojournalistin. Die Fotografin interessierendie Geschichten der Menschen, ihre Projekte und die verschiedenen Lebensweisen. Schnippering lebt in Köln und trinkt leidenschaftlich gerne guten Kaffee. Ihr Resümee: „Dieser Streifzug war eine wahre Freude, auch so viel Neues über das tolle Getränk zu erfahren“.

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