Was also kann ein Händler tun, um den digital affinen Kunden für sich zu gewinnen, ihn dazu zu bringen, sein Geschäft aufzusuchen und gern bei ihm zu kaufen? Antworten darauf gibt es viele, einige durchaus sinnstiftende wie der „Tag des Mittelstandes“, eine Veranstaltung des „markt intern“ Verlages Mitte Oktober in Düsseldorf. Im Auditorium mit dabei: das „who is who“, der Hausgeräte-Branche.
Olaf Weber, Geschäftsführender Gesellschafter der Verlagsgruppe, machte gleich zu Beginn deutlich, dass für den Handel die Frage nach der Digitalisierung nur „wie“ und nicht „ob“ lautet. Auch wenn die Definition für jeden Einzelnen schwierig sei und enorme Ressourcen in Geld und Zeit binde, gelte der Satz von Sascha Lobo, wonach Digitalisierung das sei, was man gerade noch nicht erreicht habe. Weber: „Eine erfolgreiche Digitalstrategie gelingt nur dann, wenn der Markenkern eines Unternehmens erkannt und gepflegt wird.“
ElectronicPartner hat auf die digitalen Herausforderungen eine – infoboard.de-Lesern bestens bekannte – Antwort gefunden: Virtual Shelf, ein interaktives Regal mit Smartphone-Anmutung. Auf einem 49 Zoll Touch-Monitor, der gerade mal 1 m² Ladenfläche in Anspruch nimmt, bekommt der Händler eine (digitale) Sortimentserweiterung um 15.000 Artikeln aufgespielt, die kein Kapital bindet.
„Eine perfekte Verkaufsunterstützung“, weiß Michael Hofer, Geschäftsführer von EP: Austria. Der Anspruch der Düsseldorfer Verbundgruppe: „Mit nur drei Klicks zum passenden Produkt zu kommen und dabei das Einkaufserlebnis für den Kunden homogen halten.“
Über 500 aktive Virtual Shelfs sind bei der Marke EP: inzwischen im Einsatz. „Unsere Top-Händler machen mittlerweile rund 20% ihres Umsatzes mit Virtual Shelf“, berichtete Hofer. So auch EP:Bodewitz in Grevenbroich. Geschäftsführer Jürgen Müller sieht das Virtual Shelf als eine sinnvolle Ergänzung und „optimale Verkaufshilfe“ zu seinem Standardsortiment, das er auf rund 300 Quadratmetern führt. „Eine Entscheidungshilfe bei Farb- und Ausstattungsvarianten, ein Überbrücker bei Wartezeiten.“ Als besonders erfolgreich zeige sich das Virtual Shelf beim Verkauf von Zubehör und Kleingeräten.
„Zufriedene Kunden sind die beste Werbung. 90 % der Kunden werden durch eine gute Bewertung im Netz zum Kauf von Produkten animiert“, weiß Dr. Viola Huber, Geschäftsführerin des Vereins „Wirtschaft im Wettbewerb“. Um so wichtiger ist es, diese Kunden zu Netz-Botschaftern des eigenen Unternehmens zu machen. Hierfür das richtige Maß zu finden ist aber nicht von Pappe. Wer zu wenig auf Kundenbewertungen setzt, verpasst seine Chancen. Und wer zu viel Einfluß nimmt, macht sich (auch juristisch) angreifbar.
Ein Gespräch mit Dr. Huber und Dr. Carsten Föhlisch, Executive Director Trusted Shops, brachte etwas Licht ins Dunkel über den richtigen Umgang mit Kundenbewertungen. Ob zufriedener oder unzufriedener Kunde, gemeinsam ist in Social Media-Zeiten beiden, dass sie über ihr Einkaufserlebnis berichten.
Wie geht man mit den Meinungsäußerungen im Netz rechtlich um? Dr. Föhlisch berichtete, dass es in der Vergangenheit durchaus schon Unternehmen gab, die das wirksame Instrument der Kundenbewertung für ihre Zwecke einsetzen wollten und dazu gezielt Kundenmeinungen gekauft haben. Dies sei unzulässig und abmahnbar. Zudem wird das in der Regel auch von den Kaufinteressenten bemerkt, da besagte Bewertungen selten authentisch klingen.
Wichtig zu wissen: Kundenbewertungen auf der eigenen Website werden von der Rechtsprechung als Werbung gewertet. So ist beispielsweise bei wissenschaftlich nicht fundierten Werbeaussagen Vorsicht geboten. Sollten Kunden diese kritiklos in ihre Bewertung übernehmen, kann der Unternehmer dafür haftbar gemacht werden.
Doch auch Kunden versuchen es mitunter mit unlauteren Mitteln: Sie setzen einen Verkäufer unter Druck, indem sie ihm mit einer negativen Bewertung drohen. Bei falschen Tatsachenangaben hilft einzig, die Kundenbewertung löschen zu lassen und in Einzelfällen auch Strafanzeige zu stellen. Was wir daraus lernen: Ob bei offenen Bewertungs-Portalen wie Google oder geschlossenen Systemen wie Trusted Shops, bei denen nur die Käufer Bewertungen abgeben können, sollte man als Händler stets einen Blick auf diese haben und auf Kritik antworten.
Wer online allerdings gar nicht erst gefunden wird, der existiert (für viele Kunden) nicht! Eine digitale Visitenkarte ist Standard. Aber muss eine Homepage auch einen Webshop beinhalten? Werden die Daten von Kunden, Geschäftsvorgängen und Lieferanten optimal erfasst, vernetzt und eingesetzt, um ein effizientes, persönlich zugeschnittenes Marketing zu betreiben? „Wenn Sie Ihre Homepage durch den gezielten Einsatz von Social-Media-Kanälen, Influencern und E-Mail-Marketing erweitern, können Sie Ihre Bekanntheit vor Ort weiter steigern und neue Kunden in Ihr Geschäft locken“, erläuterte Chantal Tessmann-Wagner, Leitung Digitale Transformation bei „markt intern“.
Nicht wenige Händler haben Angst davor, den digitalen Anschluss zu verlieren. „Passen Sie auf, dass Sie nicht den analogen Anschluss verpassen“, spitzte es Keynote-Speaker Klaus Rempe, Diplom- und Wirtschaftspsychologe in seinem Vortrag „Analog auf Augenhöhe – digital stets zu Diensten“ zu.
Wie die Befürchtungen über das Digitale überwinden? “Man verändert sich nur“, so Rempe, „wenn man einen massiven Schmerz empfindet oder eine besessene Vison hat.“ Und er ruft den Teilnehmern der Veranstaltung zu:“Ich glaube, der Schmerz ist noch nicht groß genug. Ansonst würden sie alles – aber auch alles – dafür tun, was in ihrer Macht steht.“
Dann gibt der Psychologe noch einen wichtigen Hinweis zur Emotionalität der Menschen von heute. „Wenn wir digital liefern und es passiert ein einziger, kleiner Fehler, wird nie wieder bei ihnen bestellt.“ Digitale Trotzphase bezeichnet Rempe diese Entwicklung.
Bei aller Unumgänglichkeit, sich als Unternehmer digital zu präsentieren, darf der Trumpf des stationären Einzelhandels nicht unterschätzt werden: Der Kontakt auf Augenhöhe! Um eine Beziehung zum Kunden herzustellen, seine individuellen Bedürfnisse und Wünsche zu ermitteln und zu bedienen, sei der persönliche Blickkontakt zu Beginn die entscheidende Weichenstellung für den Verkaufserfolg.
Rempe vertieft: „Über den Erfolg entscheidet zu 85 Prozent die Persönlichkeit des Verkäufers, nur zu 15 Prozent das Fachwissen.
Hinweis:
Weitere Impressionen von der Veranstaltung in Text und Bild finden Sie auch unter dem Link: http://www.tag-des-mittelstandes.de/rueckblick/
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