Aufatmen derweil bei Reiner Wöhrstein: Der Inhaber von Foto-Wöhrstein aus Singen konnte den Abgang von Mitarbeiter „Paul“ kompensieren und sogar seine Belegschaft um weitere zwei tolle Fachkräfte erweitern. Eher hinderlich dabei: der klassische Weg über Stellenanzeigen oder übers Arbeitsamt.
Seine Lösung beschreibt Wöhrstein wie folgt: „Es ist gut, anders zu sein!“ Um engagierte Nachwuchskräfte zu finden, ließ er einen jungen Mann namens „Paul“, der das Unternehmen erst vor Kurzem verlassen hatte, zu Wort kommen. Und zwar auf einer großen LED-Wand, die sich an der Außenfassade seines Geschäfts befindet, an der jeden Tag viele Schüler auf dem Weg zum Gymnasium vorbeikommen. „Paul“ schilderte authentisch seine Erfahrungen in diesem Betrieb. Sein Fazit: „Und jetzt wünsche ich mir, dass bei Wöhrstein wieder `ne Type kommt wie ich. Melde Dich bei meinem Boss, Reiner Wöhrstein, übrigens ein cooler Chef, ‘very good‘“. Das Ergebnis: Der neue „Paul“ heißt Anna.
Um Mitarbeiter zu halten, hat Ron Woydowski, Sanitär/Heizung/Klima-Spezialist aus Bergisch-Gladbach, folgende spannende Antwort gefunden: Gehaltsumwandlung in E-Mobilität. Dabei kommt dem SHK-Fachbetrieb das Know-how seines Unternehmens zugute, das sich ganz auf die Themen Nachhaltigkeit, Photovoltaik und Ladestationen ausrichtet hat. So bietet er Mitarbeitern eine Gehaltsumwandlung in ein Elektro-Firmenfahrzeug an.
Und dies rechnet sich für alle Beteiligten wie Woydowski am folgenden Beispiel anhand eines Renault Zoe aufzeigt. Inklusive der Förderung von Bund und Land (NRW) entstehen bei einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km und fünf Jahren Laufzeit für den Betrieb Vollkosten i.H.v. 250 Euro. 20 % übernimmt das Unternehmen, so dass der Mitarbeiter im Rahmen der Gehaltsumwandlung auf 200 Euro verzichtet, wovon netto etwa 150 Euro übrigbleiben. Dafür fährt er 60 Monate einen Dienstwagen und ist entsprechend lange an das Unternehmen gebunden.
Selbstverständlich dürfen alle Mitarbeiter von Woydowski ihre privaten Fahrzeuge an der hauseigenen Stromtankstelle aufladen – und zwar kostenlos. Und hier noch ein Tipp des SHK-Unternehmers: Der geldwerte Vorteil bei E-Autos ist mit nur 0,5 % zu versteuern. Und im Rahmen des Klimapakets wird die Förderung vermutlich sogar weiter steigen. Für das Unternehmen ist ein solches Modell eventuell sogar kostenneutral.
Wie gelingt die Übergabe des eigenen Unternehmens an die nächste Generation? Wie geht man mit diesem hoch emotionalen Thema innerhalb einer Familie um? Welche steuerlichen Fallen gilt es zu umschiffen? Rhetorisch brilliant die fesselnden Ausführungen dazu von Steuerberater Günter J. Stolz aus Neustrelitz, zugleich Chefredakteur des im „markt intern“-Verlag erscheinenden Informationsbrief „steuerberater intern.“
Für Stolz gehen die Firmeninhaber meist relativ unvorbereitet in diese äußerst wichtige Phase ihrer unternehmerischen Tätigkeit, zumindest werde mit den Vorbereitungen hierfür meist zu spät begonnen. Die erb- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen seien dabei nicht die allein entscheidenden Momente, da hier ja der Steuerberater gut informiert sei. Die handelnden Personen sind oft die, die für (ungeliebte) Überraschungen sorgen. Während eine mögliche Unternehmensübertragung innerhalb der Familie meist die beste Lösung ist, sei ein Verkauf an Mitarbeiter die schwierigste und eine Übertragung an fremde Dritte die langwierigste Prozedur.
Seiner Erfahrung nach sollte man bei der Unternehmensnachfolge unbedingt die nachstehenden drei Punkte beachten:
Über eine gelungene Betriebsübergabe referierte Martin Achatzi, der im vergangenen Jahr sein Handelsunternehmen Canon Shop Achatzi in Bad Laasphe an Sohn Peter übergab.
„Wann genau der Zeitpunkt für einen Wechsel im eigenen Unternehmen gekommen war, sei Bauchgefühl gewesen“, so Martin Achatzi. Sohn Peter wollte unbedingt in das Familienunternehmen einsteigen und hat bei Martin Achatzi seine Ausbildung zum Fotografen absolviert. „Ich habe gemerkt, dass er verkaufen und mit den Menschen umgehen kann. Peter wurde hungriger und wollte alleine laufen.“ Zudem wollte Martin Achatzi selbst mehr Zeit für sein ‘Hobby‘ – die Politik – haben. Anfang 2017 begannen Vater und Sohn den Übergang vorzubereiten, trafen Steuerberater, Banker und einen Rechtsanwalt, der schließlich einen Vertag aufsetzte, mit dem beide zufrieden waren.
„Geben Sie Zeit, lassen Sie Zeit. Und lassen Sie Raum für Fehler“, rät Martin Achatzi. Seine Philosophie vergleicht er mit dem ‘Betreuten Fahren‘ – das Steuer abgeben, aber beratend zur Seite stehen. Anderthalb Jahren nach der Übergabe sagt er: „Unser Vater-Sohn-Verhältnis ist noch viel tiefer geworden. Wir verstehen uns ohne Worte und es macht Spaß, für meinen Chef zu arbeiten.“
Achatzi schließt mit folgenden motivierenden Worten: „Genießen Sie die Zeit, die sie sich erarbeitet haben. Es ist wie bei einem großen Fluss. Sie haben jahrelang gebuddelt, damit der Fluss schön fließen kann. Jetzt kommt ein anderer und buddelt weiter – und das Wasser fließt weiterhin durch ihr Becken.“
Wir können an dieser Stelle nur einige wenige Vorträge anreißen. Viele weitere Workshop-Sessions, beispielsweise zum betrieblichen Gesundheitsmanagement, zur Altersvorsoge oder zu flexiblen Arbeitszeitmodellen wären es ebenfalls Wert gewesen, darüber zu berichten.
Zum Schluss des „Tag des Mittelstandes“ (TdM) noch ein gelungener Höhepunkt. Bundesliga-Schiedsrichterin Babiana Steinhaus begeistere mit ihrer frischen Art und Schlagfertigkeit. Sie sprach zum Thema: „Respekt entscheidet“ und zeigte Parallelen zwischen Management und Fußball auf.
Rund 350 Entscheidungen muss Steinhaus während eines Fußballspiels treffen. Und sie weiß schon im vornherein: Elf sind mit ihrer Entscheidung nicht immer einverstanden, die anderen Elf meistens dagegen schon. Heißt: Jede Situation bedarf einer neuen Bewertung. Und sie musste auch lernen, mit Fehlentscheidungen umzugehen.
Steinhaus führte aus: Es gilt, äußere Einflüsse zu ignorieren, sich von zehntausenden grölenden Zuschauern nicht beeinflussen zu lassen. Vertrauen in sein Team, d. h. die Assistenten auf dem Platz und im sprichwörtlichen Kölner Keller, hilft, einsame Entscheidungen zu meiden. Wer dann seiner Intuition, seinem Bauchgefühl und seinem Erfahrungswissen folgt, entscheidet am Ende so, dass er dies vor sich selbst verantworten kann. Ihre Antwort auf diese Herausforderungen: Vorbereiten ja, vorbelasten nein.
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