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TCG Retail Summit: Digital Native mit Führungserfahrung verzweifelt gesucht

Große Übereinstimmung unter den rund 200 Teilnehmern und Referenten des „4th European TCG (Technical Consumer Goods) Retail Summit“ (@tcgsummit) in Berlin: Sie waren überzeugt, dass die gelernten Spielregeln und Erfahrungswerte aus der Vergangenheit für unsere Branche so nicht mehr gelten. Was tritt nun an deren Stelle? Hinweise und zum großen Teil auch ganz konkrete Antworten, wie die Zukunft zu meistern sei, gab es auf dieser hochkarätigen Veranstaltung Ende März. Infoboard.de greift einige dieser Ansätze auf.

Offen, fast schon schonungslos, gab Andrea Gisle-Joosen, „Non Executive Director, Board of Directors“, Dixon Carphone plc, ihre Einschätzungen zu den Führungskräften unserer TCG-Branche preis. Sie stellt fest, dass die heutige Garde, die am Ruder vieler Unternehmen steht, zwar Managementprinzipien und -techniken beherrscht, jedoch von der digitalen Welt sehr unbeleckt sei.

In der digitalen Welt zuhause zu sein, heißt für Gisle-Joosen, nicht nur mit den Themen eCommerce und Onlineshop vertraut zu sein, sondern sich auch bei der digitalen Transformationen in den Bereichen Prozessabläufe, Marketing, Logistik, Kommunikation, etc. auszukennen, ganz zu schweigen von Kenntnissen zu Internet of Things, Robotics, oder gar Virtual Reallity. Allein schon die Begrifflichkeiten der digitalen Welt bereiten ihnen Unbehagen. Nicht verwunderlich, meint Gisle-Joosen, denn diese Managergeneration sei ja auch nicht mit dem Internet aufgewachsen.

Bildgalerie TCG Retail Summit 2017 ^

Digitalexperten rar gesät ^

Andererseits stellt die erfahrene Managerin, die ihre Meriten unter anderem bei P&G, Mars, Teknit Magasinet sowie Panasonic erworben hat, fest, dass diejenigen Personen, die die digitale Welt verstehen und auch leben, erstens rar gesät sind und zudem leider keine oder zu wenig Führungserfahrung mitbringen. Und sie seien mitunter enorm teuer. Ein echtes Dilemma für Aufsichtsräte und Gremien, die die Führungsebene eines Unternehmens besetzen müssen.

Ihre Botschaft an die Teilnehmer des TCG Summit lautete: „Beginnen sie sehr frühzeitig die Suche nach Führungskräften mit den neuen Fähigkeiten, denn diese Recherche kann dauern. Und seien sie ferner bereit, überdurchschnittlich hohe Gehälter zu bezahlen.“

Von den 4Ps zu den 4Cs ^

Ebenfalls richtungsweisende Signale kamen von Dr. Chris Petersen, CEO von Integrated Marketing Solutions (IMS) aus den USA. „Omnichannel is …Not a retail strategy“ führte er aus und meint, dass Omnichannel nicht einfach eine Fortschreibung des bisherigen stationären Geschäftsmodells sei, sondern ein komplett neues Konzept, eine neue Vision beinhalte. Er ist davon überzeugt: „Omnichannel gehöre mittlerweile zur Normalität im Handel.“

Omnichannel habe aber auch zur Folge, so der Consultant, dass die vier Ps „Product, Price, Promotion und Place“ durch die vier Cs „Customer (Kunde), Choice (Auswahl), Convenience (Bedienkomfort) und Connected (Online) ersetzt werden müssen. Hilfreich könne dabei sein, „mal mit einen „Millennial“ zum Mittagessen zu gehen und auch daran zu denken, dass permanente Sonderangebote nicht das „Überleben“ eines Ladengeschäftes sichern. Nur ertragsreiche Umsätze mit Kunden von morgen garantieren eine erfolgreiche Zukunft.“

Relevanz – die neue Kundenwährung ^

Folgt man den Ausführungen von Klaus-Peter Voigt, Chief Procurement Office der MediaMarktSaturn Retail Group, dann hat der Consumer Electronics-Gigant bereits die vier Cs von Petersen beherzigt. „Kistenschieben ist endgültig vorbei“, so der oberste Chefeinkäufer von Media-Saturn. Nun lautet die Strategie der Ingolstädter: „Von der Dominanz zur Relevanz.“ „Die höhere technische Komplexität“ wie beispielsweise das Internet der Dinge (IoT) erfordere eine fachkundige Begleitung des Konsumenten“, unterstreicht der erfahrene Retailmanager. Die Antwort darauf: „Wir müssen Partner und Navigator in unserem Business sein.“ Unter der Schlagzeile „Vom Branchen-Macho zum Kundenversteher“ berichte infoboard.de bereits über die Ausführungen von Klaus-Peter Voigt.

Zalando-Insights ^

Was liegt in Berlin näher, als hinter die Erfolgsgeheimnisse von Zalando zu schauen. Auch wenn bei Zalando Schuhe, Mode und Accessoires im Vordergrund stehen, so bildet das Stichwort Konsumgütermarkt eine gedankliche Klammer zum TCG-Sortiment. Jan Becker, Brand Strategy Manager aus dem Hause Zalando, zeigte in seinem Vortrag „Walking in our Customers‘ Shoes“ sieben Schlüsselfaktoren auf, die Zalando so erfolgreich gemacht haben.

Zu den Sieben Top-Punkten, so Becker, gehören der Umgang und die intelligente Analyse von Kundendaten. Ferner sollte man ständig in die Rolle des Kunden schlüpfen, „am besten sei man quasi der Kunde selbst.“ Weiterer Punkt ist, dass im Unternehmen eine Kultur der konsequenten Kundenausrichtung implementiert wird. Dazu gehören auch so vermeintlich lapidare Kleinigkeiten wie beispielsweise, dass jedem Paket ein Rücksendeschein beiliegt, dass der Kunde auch per Rechnung bezahlen kann und jederzeit Hilfestellung bekommt.

Veränderung der Kundenwünsche und das Kundenverhalten bedürfen natürlich einer permanenten Beobachtung. Und es muss auch ein Ausgleich zwischen globalen und lokalen Anforderungen gefunden werden. Becker ist sich auch sicher: „Kundenerfahrung und Kundenerlebnis ist zugleich auch Markenerlebnis.“ Mit dem Ergebnis, dass mit steigender Anzahl von Kundenkontakten positive Eindrücke verstärkt, zugleich aber auch negative Erwartungen eintreten können. Zum Schluss des Vortrages sein Appell: „Redefine Customer Engagement“, wiederbeleben Sie ihr Kundenverständnis und halten dieses hoch. Ein Credo, das man – unabhängig von jeder Branche – tief verinnerlichen sollte.

Alexander Druckenmüller

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