Story

Thermomix: Wie Phönix aus der Asche

Der Herausforderer

Seit dem 16. Juni vergangenen Jahres hat der Thermomix mit der ersten multifunktionalen Küchenmaschine mit Kochfunktion von Bosch erstmals wirklich ernsthafte Konkurrenz bekommen.

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Der „Wunderkessel“ bleibt seinem Namen treu: „Thermomix stottert, Temial floppt“, titelte infoboard.de vor nicht einmal zwei Jahren über dunkle Gewitterwolken bei Vorwerk im Tal der Wupper. Als Folge wurde die Thermomix-Produktion am Stammsitz in Wuppertal zum Jahresende 2019 aufgegeben. Zwischenzeitlich holte auch die Konkurrenz auf: Neben zahlreichen B-Marken und Eigenmarken-Epigonen bietet vor allem die Küchenmaschine Cookit von Bosch eine hochwertige technologische Alternative, die bei manchen Features sogar die Nase vorne hat und über die „Home Connect App“ der BSH bestens vernetzt ist.

Ein „must have“ in vielen Küchen: der Thermomix von Vorwerk. Fotos: Thermomix/Vorwerk
Das „iPhone aus dem Tal der Wupper“.

Doch dann kam Corona und bescherte dem „iPhone aus Wuppertal“ mit den Modellen TM5 und insbesondere TM6 in 2020 ein Rekordjahr. Rund 3,2 Mrd. EUR Umsatz machte Vorwerk im Jahr 2020, etwa die Hälfte davon mit dem Bestseller Thermomix, von dem zuletzt 1,8 Millionen Geräte verkauft wurden. Und die Party geht weiter, obwohl es die beliebten Küchenpartys coronageschuldet im Moment noch nicht geben darf. „Wir werden die Vorjahreszahlen noch einmal übertreffen können“, frohlockt der persönlich haftende Gesellschafter Reiner Strecker Ende Mai bei der Bilanz-Vorstellung.

Gegenüber Vorjahr ist der Umsatz in den ersten vier Monaten des Jahres 2021 noch einmal um mehr als 30% gestiegen. Wie das geht? Der Thermomix ist eine der wenigen echten Kult-Marken, ein „must have“ und Statussymbol im Küchen-Kosmos mit einer gewaltigen Fan- und Community-Base, an die niemand auch nur ansatzweise herankommt, und die sich vorzugsweise am Handel vorbei (siehe u.a. Dyson oder Weber Grill) direkt vom Hersteller ansprechen lässt.

Jetzt hat Vorwerk den Direktvertrieb noch einmal optimiert, noch stärker in den digitalen Vertrieb denn in die Produktion investiert. Obwohl: Die Produktionsanlagen für den Thermomix in Wuppertal sind frisch geölt, die stillgelegte Produktionsstraße wieder in Betrieb. Jetzt wird dort sogar fast durchgehend im Drei-Schicht-Betrieb gefertigt.

Keine Party – aber digitale Plattform

Auch wenn die Küchenpartys bei den potenziellen Thermomix-Kundinnen coronabedingt ausgefallen sind, hat die digitale Variante des Kundenfangs über Zoom und Social Media den Vorteil, dass der Interessentenkreis mit einem niederschwelligen Angebot signifikant vergrößert werden konnte. Mehr noch: Seit dem 25. Mai hat Vorwerk Deutschland seinen knapp 60.000 selbstständigen Thermomix Repräsentantinnen/-ten eine individuelle digitale Plattform an die Hand gegeben.

Auf den „Thermomix MySites“ dreht sich alles um die persönliche Beratung und aktuelle Thermomix-Angebote. So kann man auf den „Thermomix MySites“ einfach und direkt eine Produktvorführung buchen – für sich persönlich oder mit Freunden. Aber auch eine digitale Bestellung ohne vorherige Produktvorführung ist möglich. Nach Lieferung des Thermomix wird dem Kunden auf Wunsch eine Einweisung angeboten, um den smarten Küchenhelfer optimal nutzen zu können.

Erfolgsformel: digitale bestellt, persönlich kontaktiert, individuell beraten

„Nachdem coronabedingt bereits seit einem Jahr die persönliche Beratung und auch der Verkauf um digitale Alternativen erweitert wurden, wollen wir dies mit dem Angebot der ‚Thermomix MySites‘ jetzt weiter professionalisieren. Diese Verknüpfung von digitaler Bestellung und persönlichem Kontakt inklusive individueller Beratung ist ziemlich einzigartig!“, so Martin Eckert, Vorstand bei Vorwerk Deutschland.

Dabei ist das Konzept, persönliche und digitale Elemente miteinander zu verknüpfen, bei Vorwerk nicht neu. „Im vergangenen Jahr haben wir im deutschen Markt gesehen, dass die Kombination sowohl bei unseren Thermomix Repräsentantinnen als auch bei unseren Kunden sehr gut ankommt“, so Martin Eckert.

„Thermomix MySites“ sind wie umfassende digitale Visitenkarten im Vorwerk Online-Shop, über die Interessenten dank verschiedener Suchmöglichkeiten (Name, PLZ) einen persönlichen Ansprechpartner in der Region finden und direkt Kontakt aufnehmen können. Eine „Thermomix MySite“ enthält nicht nur Infos rund um aktuelle Angebote, man erfährt auch Persönliches zur Thermomix-Repräsentantin, wie Termine zu Kochkursen oder Kochvorlieben.

Gut zu wissen: Auch Kunden, die digital über die „Thermomix MySite“ bestellen möchten, wird der bekannt-bewährte Vorwerk-Service angeboten, nur eben nach dem Kauf anstatt vorher. „Wir nennen es den neuen Willkommens-Service: sich in aller Ruhe nach dem Kauf den Thermomix erklären lassen, gemeinsam erste Schritte gehen und sofort mit Spaß loskochen“, erklärt Eckert.

Digitale Angebote unterstützen Direktvertrieb

Die Vorwerk Gruppe als Ganzes blickt auf ein überaus erfolgreiches Geschäftsjahr 2020 zurück. Der Gesamtumsatz des Familienunternehmens stieg um 8,6% auf 3,2 Mrd. EUR. Die Entwicklung des Umsatzes lag damit deutlich über der Prognose. Auch das operative Jahresergebnis, dessen genauen Wert Vorwerk traditionell nicht veröffentlicht, lag über den Erwartungen. „Wir haben schnell und effizient auf die weltweite Corona-Pandemie reagieren können”, so Reiner Strecker bei der Vorlage der Bilanz.

„Wir haben schnell und effizient auf die weltweite Corona-Pandemie reagieren können”, Reiner Strecker, persönlicher haftender Gesellschafter bei Vorwerk.

Dr. Thomas Stoffmehl, im Vorwerk Group Council u.a. verantwortlich für die Vertriebsgesellschaften weltweit, betonte: „Wir haben uns bereits in den vergangenen zwei Jahren intensiv mit der Frage befasst, wie sich ein modernes, flexibles, agiles und zukunftsfähiges Unternehmen aufstellen sollte. Schwerpunkt war dabei der weitere Ausbau der digitalen Angebote als Ergänzung und Unterstützung des personengestützten Direktvertriebs. Das war unsere Basis, um die Herausforderungen der Pandemie agil bewältigen zu können.”

Stoffmehl zeigte sich zuversichtlich, dass der positive Trend anhalten wird: „Hinter den steigenden Umsätzen steht eine weitere, für uns sehr wichtige Kennziffer. Das ist die wachsende Zahl von Beraterinnen und Beratern in unserem Home-Bereich.” Reiner Strecker kündigte derweil nach zwölf Jahren seinen Rückzug als persönlich haftender Gesellschafter an: „Für mich ist mit dem Erreichen der Altersgrenze von 60 Jahren der Zeitpunkt für den bereits länger geplanten Stabwechsel in der Unternehmensführung gekommen.”

Vorwerk stellt sich neu auf

Die Vorwerk Gruppe wird sich in diesem Zusammenhang gesellschaftsrechtlich neu aufstellen und als Vorwerk SE & Co. KG firmieren. „Wir orientieren uns mit dieser Entscheidung für eine SE an zeitgemäßen Grundsätzen der Unternehmensführung”, so Strecker. Geführt wird die Gruppe von einem dreiköpfigen Management-Team mit Dr. Thomas Stoffmehl als Chief Sales Officer (Leiter Unternehmensentwicklung und Sprecher), Dr. Thomas Rodemann (COO) und Hauke Paasch (CFO).

Stoffmehl, ein ausgewiesener Direktvertrieb-Experte mit (familiären) Wurzeln bei Bofrost, macht als neuer starker Mann bei Vorwerk deutlich, dass ein Schwerpunkt für die neue Unternehmensleitung der weitere Ausbau der digitalen Angebote als Unterstützung des personengestützten Direktvertriebs sei: „Für uns als Direktvertriebsunternehmen ist kein Geschäft am Berater vorbei denkbar. Das ist ein wichtiger Teil unserer Strategie. Und der Wert von persönlichen Kontakten ist uns ja allen in den Zeiten der Beschränkungen noch einmal deutlich geworden. Der Schlüssel des Erfolgs liegt daher für uns darin, den Berater bei Kontakten und Verkäufen – egal, über welchen Kanal – zu involvieren und optimal zu unterstützen.”

Thermomix mit 24,9% im Plus: Rekordumsatz

Das Ergebnis für den Geschäftsbereich Kobold lag in etwa auf Vorjahresniveau.

Thermomix war auch 2020 der umsatzstärkste Geschäftsbereich innerhalb der Vorwerk Gruppe und verzeichnete einen Rekordumsatz von 1,6 Mrd. EUR (plus 24,9%). Der Geschäftsbereich Kobold (Bodenpflege) erreichte mit einem Umsatzvolumen von 703 Mio. EUR das Vorjahresniveau. Während der deutsche Kobold Vertrieb deutlich zulegen konnte (Umsatz: 239 Mio. EUR, plus 10,5%), hatte vor allem der traditionell stärkste Markt in Italien einen Rückgang zu verzeichnen, der auf die dortigen strikten Lockdown-Maßnahmen zurückzuführen ist.

Insgesamt geht die Vorwerk Gruppe gestärkt in das Jahr 2021. Auch in den herausfordernden Zeiten der Pandemie hat sich das Direktvertriebskonzept mit seinen hochmotivierten Beraterinnen und Beratern im Zentrum der Aktivitäten digital erfolgreich bewährt. Die Verbindung von Tradition und einer modernen, agilen Organisation gepaart mit einem zeitgemäßen und modernisierten Vertriebssystem ist aus Sicht des Wuppertaler Familienunternehmens der Schlüssel für weiteren Erfolg. Stoffmehl ist überzeugt, dass das Wachstum weiter anhält. Gegenüber der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ sagte er: „Ich wüsste nicht, warum wir nicht auch drei Millionen Thermomix verkaufen sollten.

Der Herausforderer

Seit dem 16. Juni vergangenen Jahres hat der Thermomix mit der ersten multifunktionalen Küchenmaschine mit Kochfunktion von Bosch erstmals wirklich ernsthafte Konkurrenz bekommen: Der „Cookit“ verspricht ein einzigartiges Kocherlebnis: Anbraten bei bis zu 200 Grad, ein 3 Liter XL-Topf für große Familienportionen sowie sieben mitgelieferte Werkzeuge. Nutzer können zwischen „Guided Cooking“ für müheloses Kochen, 24 Automatikprogrammen oder dem manuellen Modus wählen.

Als multifunktionale, vernetzte Küchenmaschine mit Kochfunktion werden den „Cookit“-Nutzern über die Home Connect App regelmäßig neue Rezepte angeboten.

Seit dem Launch kann der „Cookit“ im Onlineshop von Bosch bestellt werden. Wer das vielseitige Gerät vor der Bestellung mit seinen Funktionen indes live erleben möchte, hat dazu bei ausgewählten Elektro- und Küchenfachhändlern Gelegenheit.

Auch wenn man bei Bosch zum Absatz des „Cookit“ im ersten Jahr pandemiebedingt noch „keine verlässliche Einschätzung abgeben“ kann, ist man bisher „sehr positiv gestimmt“ und stolz darauf, dass der „Cookit“ nicht nur gut im Markt ankommt, sondern dass über 90% der Besitzer von ihrem Gerät überzeugt sind.

Matthias M. Machan

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