Die aktuellen Krisen führen zu einem steigenden Bedürfnis nach Sicherheit. Vor allem Frauen, Personen mit niedrigem Einkommen und junge Menschen zeigen eine überdurchschnittliche Sicherheitsorientierung. „Die Generation Z und Millennials sind durch eine Vielzahl von Themen verunsichert, wie Terrorismus, Umweltverschmutzung, die Qualität der Ausbildung, der Einfluss von disruptiven Technologien auf die Gesellschaft sowie Rezession und Arbeitslosigkeit. Daher suchen sie vermutlich stärker nach Halt und Stabilität als Ältere“, erklärt Petra Süptitz, Expertin für Konsumententrends bei GfK.
Süptitz weiter: „Das spiegelt sich auch in ihrem Kaufverhalten wider. Junge Konsumenten vertrauen häufiger als ältere Menschen auf etablierte Marken, weil sie sich auf deren bewährte Qualität verlassen. Das werden sie auch im kommenden Jahr tun.“
Speziell Ältere und finanziell weniger krisenfeste Menschen ziehen sich ins Zuhause zurück. Damit geht ein Trend zu häuslichen Aktivitäten wie Kochen und Reparaturarbeiten einher. Auch soziale Aktivitäten verlagern sich nach Hause: Während 2019 noch 30% der 20- bis 29-Jährigen mindestens einmal pro Woche Gäste zu Hause hatten, waren es 2023 schon 37%. Das ist vermutlich auch auf Preiserhöhungen in der Gastronomie zurückzuführen und kann sich mit der Mehrwertsteuer-Rückkehr ab Januar 2024 weiter verstärken. Bereits jetzt essen 43% der Deutschen seltener im Restaurant, um zu sparen.
Der Klimawandel bleibt auf Platz 3 der größten Sorgen der Deutschen. Damit wird Nachhaltigkeit auch 2024 ein relevantes Thema bleiben, jedoch zeigte der letzte GfK Nachhaltigkeitsindex, dass die Preisbereitschaft für nachhaltige Einkäufe leicht abgenommen hat.
Bei technischen Konsumgütern, insbesondere bei größeren Haushaltsgeräten, ist die Situation eine andere: Für nachhaltige Kühlschränke, Waschmaschinen oder Spülmaschinen zeigen Verbraucher eine Aufpreis-Bereitschaft, da nicht nur die Umwelt etwas davon hat, sondern auch der Verbraucher. Für Waschmaschinen mit Energieeffizienzlabel A bezahlen Käufer 11% mehr als der Durchschnitt. Gleichzeit steigt ihr Marktanteil: Gehörten 2022 beispielsweise 37% aller Waschmaschinen der Energieeffizienzklasse A an, waren es in den ersten zehn Monaten 2023 schon 60%. Attraktiv sind diese Geräte, weil sie weniger Energie verbrauchen und die Konsumenten damit während des Betriebs Geld sparen können. Die Verbraucher setzen zudem verstärkt auf langlebige Geräte – denn auch das senkt die Lebenszykluskosten des Produktes.
„Die Konsumenten wollen ihren Alltag mit technischen Hilfsmitteln einfacher machen. In einer Zeit vieler gleichzeitiger Krisen soll zumindest das Zuhause ein unkomplizierter, stressfreier Rückzugsort sein“, so Alexander Dehmel, Experte für technische Konsumgüter bei GfK. Und weiter: „Das lassen sie sich auch etwas kosten: 52% der Deutschen geben an, dass sie bereit sind, für Produkte, die ihr Leben einfacher machen, mehr Geld auszugeben. Hier liegen Wachstumschancen für 2024.“
Das Jahr 2023 war geprägt von einem starken Anwachsen an Promotionen für technische Konsumgüter. Die Verbraucher hatten dadurch die Möglichkeit, auf ein gefühlt gutes Angebot für das Wunschgerät zu warten und dann zuzuschlagen. Auch für 2024 ist zu erwarten, dass die Promotionshäufigkeit weiterhin hoch bleibt.
Im FMCG-Bereich (Lebensmittel und Drogerieprodukte) werden die Verbraucher dagegen preissensibler. 2023 waren Handelsmarken im Aufwind: Einerseits wegen der günstigeren Preise, andererseits hat sich auch das Image von Handelsmarken gewandelt: Laut NIQ-Daten sehen viele Konsumenten Handelsmarken als gute Alternative zu Markenprodukten (51%) und halten sie oft für gleichwertig oder sogar qualitativ besser (41%).
Im Wettbewerb mit erstarkten Handelsmarken wird es für traditionelle Marken wichtig, Alleinstellungsmerkmale zu schärfen und ihr Werteversprechen zu überdenken. Beispielsweise kann eine stärkere Fokussierung auf bestimmte Produkteigenschaften wie Wirksamkeit oder Nachhaltigkeit helfen, konkurrenzfähig zu bleiben.
„Die Branche ist sich der Herausforderung bewusst, ein Gleichgewicht zwischen Preis und Image zu finden. Unsere kürzlich durchgeführte ‚NIQ Insider Survey‘ unter Führungskräften der Branche hat ergeben, dass Produkte im Jahr 2024 ihrer Meinung nach ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten sowie erschwinglich sein müssen, um erfolgreich zu sein“, erklärt Enrico Krien, Konsumexperte bei NIQ.
Nicht nur für Hersteller, sondern auch auf Händlerseite werden Preis- und Promotion-Management im kommenden Jahr eine entscheidende Rolle spielen. Angesichts begrenzter Konsumentenbudgets müssen Händler die richtige Balance zwischen attraktiven Preisen und Werbeaktionen relevanter Margen-Bringern finden, um einerseits Verbraucher abzuholen und anderseits wichtige Margen zu sichern.
Auch das Category Management wird 2024 von noch größerer Relevanz sein, um Wachstumsfelder zu identifizieren und diese mit den für die jeweiligen Zielgruppen-Segmente relevanten Produkten und Services besser auszuschöpfen. Zudem können neue Sortimente, Produkte oder Marken wichtige Umsätze sichern. Dafür müssen Händler die Kundenpräferenzen und Marktbedingungen genau kennen. Sich aufs Bauchgefühl zu verlassen, reicht in so volatilen Zeiten nicht mehr – auch weil sich die Konsumentensegmente immer stärker fragmentieren.
Zusätzliche Margen bieten die Monetarisierung von Daten und konkrete Retail-Media-Angebote, die es auch der Industrie ermöglichen, gezielt und effizient relevante Käufer-Segmente anzusprechen.
„In einer digitalisierten Welt, in der Wandel das neue Normal ist, sind bedingungslose Kundenzentrierung und Anpassungsfähigkeit wichtige Schlüssel zum Erfolg. Händler, die ihre Strategie datenbasiert aufsetzen und immer wieder anpassen, werden besser positioniert sein, um den sich ständig wandelnden Anforderungen der Konsumenten gerecht zu werden. So sichern sich Händler langfristigen Erfolg“, fasst Oliver Schmitz, Experte für Retail-Trends bei NIQ und GfK zusammen.
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