Thomas Wittling, Geschäftsführer Haier Deutschland, im infoboard.de-Interview über Haiers Rolle auf dem deutschen Hausgerätemarkt, die Messe-Pläne und Ziele für 2022 und ob weitere Markenzukäufe geplant sind.
Wie ist Haier Deutschland im Herbst 2021 aufgestellt?
Das Jahr 2021 wird erneut ein Rekordjahr für Haier Deutschland. Wir sind im ersten Halbjahr um knapp 70% gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Mittlerweile sind wir die erfolgreichste Marke im deutschen Hausgeräte-Markt und sehen uns mit Blick auf den deutschen Handel als Vollsortimenter. Diese Position werden wir ausbauen. Mit der Priorität auf den Einbaugerätemarkt werden wir im nächsten Jahr deutlich mehr Produkte und Innovationen auf den Markt bringen – und auch 2022 unsere Position im Markt weiter ausbauen.
Auch mit dem Geschäftsbereich Waschen können wir hochzufrieden sein: Dort haben wir unseren Marktanteil im hochpreisigen Segment, also zwischen 400 und 600 Euro, verdreifachen können. Im Bereich Multidoor konnten wir unsere Pole Position ausbauen – und das in einem in Deutschland stark wachsenden Feld.
Bis 2023 will das Unternehmen in Europa zu den Top 3 der Branche aufsteigen. Dazu eine Runde mit kurzen Fragen und kurzen Antworten. Los geht’s: Top 3 nach Stück oder nach Umsatz?
Nach Absatz.
Auf welchem Platz ist Haier in Europa heute?
Platz 5.
Mit welchen Instrumenten und Maßnahmen soll der Sprung unter die Top 3 geschehen?
Mit neuen Produkten und neuen Werken, für die wir in diesem Jahr ein Investitionsvolumen von über 100 Mio. EUR in Europa bereitgestellt haben. Außerdem fokussieren wir uns auf das IoT-Sortimentserweiterungen im Einbaugerätebereich.
Bezüglich der Produkte in Deutschland bekommt der „Einbaumarkt die Priorität 1“. Warum war dann Haier – anders als beispielsweise Samsung, AEG, Liebherr oder Beko/Grundig – nicht auf der Küchenmeile bzw. der area30 in Löhne zu sehen?
Für uns ist das Jahr 2021 im Einbaugerätebereich noch ein Übergangsjahr. Die Innovationen der Marke Haier werden im 1. Quartal 2022 zur Verfügung stehen. Wir waren in Ostwestfalen mit der Marke Candy in den Ausstellungen von Nobilia und Bauformat/Burger präsent.
Unsere weitergehenden Messepläne sind indes eindeutig formuliert. Wir werden im Jahr 2022 sowohl an der IFA, der Küchenmesse in Ostwestfalen als auch als auch an einer Living Kitchen 2023 teilnehmen. Natürlich nur solange sich die Rahmenbedingungen nicht deutlich verändern.
Einbaumarkt mit Priorität Nr. 1: Hat jetzt der Küchenhandel Vorfahrt vor dem Elektrohandel und den „stand alone“-Geräten?
So kann man das nicht sehen. Das Einbaugerätegeschäft hat knapp 50% Anteil am deutschen Hausgeräte-Markt. Insofern setzen wir unseren Fokus auf beide Bereiche. Haier war bisher sehr stark auf freistehende Kühlgeräte und Waschautomaten konzentriert, die Marke Candy ist schon längere Zeit im Einbaugerätemarkt unterwegs. Für Haier haben wir mit der Serie 6 eine neue Produktreihe an Bord, die für den Küchen-Fachhandel entwickelt wurde.
Herr Wittling, 2019 diktierten Sie mir in den Block: „Wir streben an, bis zum Jahr 2022 die Nummer 1 zu werden. In China denkt man in großen Zahlen, die Kasse ist gut gefüllt“. 2022 beginnt in wenigen Monaten: Ist das Ziel noch haltbar, wird es weitere Marken-Zukäufe geben? Wo steht Haier Europe/Haier Deutschland da aktuell?
Das Ziel bleibt bestehen. Das Jahr 2022 ist ein Jahr, das genannt worden ist, als die Voraussetzungen im deutschen Hausgerätemarkt noch andere waren. Trotzdem stehen wir zu unserer Zielsetzung. Das müssen wir auch: Als weltweite Nummer 1 will man auch im drittgrößten Markt der Welt, also in Deutschland, die Spitze anstreben.
Wie ich anfangs gesagt habe: Wir sind hier auf dem richtigen Weg – Haier ist die am stärksten wachsende Marke in Deutschland. Aktuell sind dazu keine weiteren Markenzukäufe geplant. Das kann sich aber in der Zukunft wieder anders darstellen.
Wie stark ist Haier im Elektrofachhandel & bei den Kooperationen angekommen? Was sind hier die Ziele?
Wir sind bei den wichtigen Einkaufsgemeinschaften Euronics, Expert, EK und EP gelistet. Unsere Wachstumsziele gehen auch in dieser Richtung deutlich über den Marktschnitt hinaus. Wir wollen insbesondere bei Expert und Euronics deutlich zulegen. Dazu führen wir intensive Gespräche, haben unsere Distribution ausgeweitet und werden diesen Vertriebskanal weiterhin sehr stark fokussieren.
Zum Thema „Störung der globalen Lieferketten und explodierende Container-Preise: Wie ist Haier davon betroffen? Wo gibt es Engpässe? Und muss es Preiserhöhungen geben?
Es hat im Jahre 2021 schon Preiserhöhungen gegeben. Auch 2022 werden wir noch einmal unser Preisniveau anpassen müssen. Es gibt auf dem Markt deutliche Engpässe bei Halbleitern, bei Chips. Haier ist allerdings ein globaler Konzern. Insofern sind wir nicht unbedingt in der Dimension betroffen wie vielleicht der ein oder andere eher europäisch fokussierte Hersteller.
Wir sind momentan lieferfähig und es gibt keinerlei größere Engpässe in unseren Lieferketten. Andererseits haben sich die Containerpreise versiebenfacht, der Preis für Stahl hat sich deutlich erhöht. Stahl hat nun wiederum einen sehr hohen Anteil an unseren Produkten. Es wird also zu Preisanpassungen kommen müssen. Auch die Lieferengpässe aufgrund der Limitierung der Chips sind ein Thema, das den Markt noch eine Weile beschäftigen wird.
In einer Pressemeldung stand: „Auf dem Weg der Transformation von einem traditionellen Produktionsunternehmen zu einem Co-Creation- und IoT-Community-Ökosystem will das Unternehmen seine Cloud-Plattformen-Strategie durch Neuheiten wie die App hOn Smart Home Experience, die alle Geräte der Marken von Haier Europe in einem einzigen und intuitiven Wohn-Ökosystem verbinden soll, vorantreiben.“ Was heißt das für den Händler, übersetzt in einfachen Worten?
Das heißt erst einmal, dass sich der Handel damit aktiv beschäftigen sollte. Künstliche Intelligenz wird in der Geräteindustrie deutlich an Volumen gewinnen. In China hat sich der Markt in den letzten Jahren verdreifacht. Haier hat hier einen Marktanteil von über 40% – und hat reichlich Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt.
In unserem Netzwerk sind dort schon über 100 Millionen Verbraucher engagiert. Diese Entwicklung wird auch in Europa zunehmen. Mit unserer hOn App können wir alle Geräte und auch Marken unabhängig steuern. Die Verbraucher machen so die Erfahrung, wie nützlich Vernetzung im Wohnbereich sein kann. Die App wurde schon ein paar hunderttausend Mal heruntergeladen und hat durchweg gute Bewertungen erhalten.
Insofern ist das für uns keine Zukunftsmusik. In China wird das schon gelebt, in Europa ist es vielleicht noch ein bisschen Zukunftsmusik. Mit Betonung auf „noch“. Zukünftig aber wird der Händler nicht mehr einfach klassisch Geräte verkaufen. Er wird Netzwerke verkaufen, sodass das Gerät eigentlich ein Teil eines vernetzten Systems ist und nicht nur für sich alleine spricht.
Trifft diese Strategie den Wunsch der Verbraucher überhaupt? Laut GFU liegt in Deutschland die aktuelle Nutzung von Hausgeräten mit Smart Home bei 4%. Ein Massenmarkt ist das hierzulande noch nicht…
Man sieht am Beispiel Chinas, wie schnell sich ein Markt verändern kann. Taxis werden nur noch über Endgeräte bestellt, Gesundheitsdaten über die Uhr gecheckt. Das hätte vor vier, fünf Jahren noch keiner gebraucht und auch nicht für wahrscheinlich gehalten. Aber es ist so gekommen. Insofern werden die anderen Entwicklungen meines Erachtens auch deutlich stärker zunehmen, als viele glauben.
Welche Ziele hat Haier für 2022 auf der Agenda?
Europaweit wollen wir bis zum Jahr 2023 unter die Top 3 kommen. Dafür ist das Jahr 2022 ein wichtiges Jahr. Die Ziele für Deutschland hatte ich bereits definiert. Hier wird es notwendig sein, die Position von Haier als erfolgreiche und am stärksten wachsende Marke zu halten und so unser Ziel, in Deutschland in die Spitze zu kommen, möglichst schnell zu erreichen.
Dabei ist Vernetzung in ganz Europa das Mittel, um dieses Ziel zu erreichen: Mit einem Komplettangebot an vernetzten Services bieten wir unseren Kunden eine einzigartige Connected-User-Experience und sind so erste Wahl, wenn Kunden nach wirklich nützlichen Smart-Home-Lösungen suchen.