Die Einen kamen schon mal mit dem Hubschrauber in die Theodor-Althoff-Straße auf die Höhen des Essener Südens, er jedoch behielt stets die Bodenhaftung: Nach einem halben Jahrhundert, pardon, es waren „nur“ gut 49 Jahre, hat Wolfgang Morgner, der im April 64 wird, zum Jahresende 2015 seinen Schreibtisch in der Karstadt Hauptverwaltung erst auf- und dann geräumt. Offiziell war er „Category Manager für die Elektroklein- und Großgeräte bei der Karstadt Warenhaus GmbH“, für die meisten der Hausgerätebranche jedoch der Mr. Karstadt.
Einer wie Morgner ist selten geworden in einer Branche, die immer öfter einem Durchlauferhitzer ähnelt. Einmal Karstadt, immer Karstadt: Wolfgang Morgner „diente“ dem Unternehmen in fast allen denkbaren Funktionen und in mehreren Filialen. Dabei erklomm er vom Auszubildenden bis zum Category Manager Schritt für Schritt die Karriereleiter. Der Reihe nach: In Bielefeld, in unmittelbarer Nähe seines Geburtsortes Brackwede, begann Morgner am 1. Dezember 1966 seine Lehre bei Karstadt in den Sparten Elektro, Beleuchtung, Installation. Nach der Lehre arbeitete er u.a. als Substitut in Dortmund-Aplerbek sowie als Abteilungsleiter in Singen/Hohentwiel.
1979 startete dann seine Karriere als Einkäufer Elektro in der Karstadt-Zentrale in Essen. Es folgten der Aufstieg zum stellvertretenden Zentraleinkäufer für Elektro Groß- und Kleingeräte und Ende 2008 schließlich die Berufung zum Zentraleinkäufer für die Groß- und Kleingeräte. Ob 100 Jahre Karstadt (1981), die Karstadt-Expansion-Ost (ab 1989), 125 Jahre Karstadt (2006) oder die Insolvenz im Jahr 2009: Morgner hat alle Höhen und Tiefen von Karstadt erlebt. In den 1960er und 1970er Jahren waren die Karstadt-Kaufhäuser nicht selten die 1. Adresse am Platz, doch in den letzten Jahren gaben sich die Investoren die Klinke in die Hand, in der einst so stolzen Karstadt-Belegschaft zog die Unsicherheit ein.
Das Erreichte weiter verbessern
Ist der Boden jetzt erreicht? „Alle haben mit Karstadt gute und schwierige Jahre erlebt, aber Sie haben immer zu Karstadt gestanden. Nach dem abgelaufenen Geschäftsjahr ist jetzt eine eindeutige Trendwende zu den letzten Jahren eingetreten. Aber bitte bedenken Sie auch, dass das zweite Jahr immer das schwierigere ist. Jetzt geht es darum, das Erreichte noch weiter zu verbessern“, gibt Morgner als Abschiedsgedanken seinem Nachfolger mit auf den Weg. Der heißt seit dem 1. Januar Dirk Rückwart, war lange Zeit im Bereich Multimedia tätig und zuletzt als Category Manager für den Bereich Spielwaren verantwortlich.
Wenn ein Urgestein wie Morgner in die zweite Reihe zurück- und in den Ruhestand eintritt, bleibt das in der Branche nicht ohne Echo: „Danke für die vielen amüsanten, professionellen Gespräche und die sehr erfolgreiche Zusammenarbeit“, sagt Jens-Christoph Bidlingmaier, Vorsitzender der Bauknecht-Geschäftsführung. Und: „Er hat leidenschaftlich und fair für den Erfolg seines Unternehmens gekämpft und verstand es hervorragend, mit Bauknecht den Doppelpass zuverlässig und genau zu spielen.“
Mit dem Ausscheiden von Wolfgang Morgner in den Ruhestand verliert die Branche einen der versiertesten Elektro-Kleingeräten-Experten, konstatiert der frühere WMFce-Geschäftsführer Wilfried Pohl. Mehr noch: „Sein Produkt Fachwissen war unerreicht. Es gab viele Produktmanager von Top-Marken, die vor Produkt-Neueinführungen nach Essen gereist sind, um seinen geschätzten Rat einzuholen. Berüchtigt war dagegen seine „Kladde“ in der er jeden Gesprächsinhalt festhielt.
Gorenje-Geschäftsführer Thomas Wittling hat gar eine kleine Hommage an Wolfgang Morgner für infoboard.de verfasst: „Mit Morgner verlässt ein Urgestein die Hausgerätebranche. Was ihn auszeichnet: Er ist sein scharfsinniger Analytiker, der es aber immer mit seiner besonderen Art von Humor geschafft hat, eine positive Gesprächsatmosphäre, selbst bei harten Verhandlungen, zu halten. Dabei war ihm wichtig, nicht everybody´s Darling zu sein. Einfache Gesprächspartner sahen anders aus, zumindest aus Sicht der Industrie.“
„Auch das hat ihn ausgezeichnet: ein hohes Vertrauen in seine Kollegen und Mitarbeiter sowie ein sehr kollegialer Umgangston. Beruf und Privates war bei ihm immer deutlich getrennt. Seine oft knorrige Art war stets geprägt von sehr hoher Zuverlässigkeit, das Wort von Wolfgang Morgner zählte.“
„Ihn in den Jahren des Ruhestandes auf dem Golfplatz anzutreffen, ist genauso ausgeschlossen wie bei wochenlangen Urlaubsreisen. Selbst bei langem Nachdenken gelingt es mir nicht, mir vorzustellen, was Wolfgang Morgner ohne Karstadt bzw. was Karstadt ohne Wolfgang Morgner machen sollte.
Lieber Wolfgang, Du wirst uns innerhalb der Branche sehr fehlen.“ So ist es! Besser hätten wir es auch nicht sagen und beschreiben können.