29 GUSTOrazzo die Produktentwicklung. Ich fühle mich nicht nur gehört, sondern bin in meiner Rolle voll integriert. Es gibt sogar ein festgelegtes Format, in dem unsere Zusammenarbeit gut organisiert ist. Meine jeweiligen Gegenüber sind wirklich tolle, nahbare, gebildete Menschen. Wenn dann Neuheiten, bei denen ich im Vorfeld meine Finger im Spiel hatte, auf den Markt kommen, dann ist das für mich ein überaus beglückendes Gefühl. Vor allem, weil ich in eher kleinteiligen Strukturen zuhause bin, ist es immer wieder höchst beeindruckend zu sehen, wenn ganze Güterzüge mit Geräten beladen werden, an deren Entwicklung ich mitwirken durfte. Manchmal, wenn meine Phantasie mit mir durchgeht, dann stelle ich mir vor, hinter wie vielen Fenstern auf der ganzen Welt diese Geräte dann ihren Gebrauchern zu Diensten sind. Wie es dort dann wohl riecht und schmeckt. War der Wunsch, Koch & Gastgeber zu sein, schon immer da, oder gab es mal einen Plan-B in Deinem Leben? Tatsächlich wollte ich in meiner frühen Jugend Meeresforscher werden. Jacques Cousteau und seine Calypso haben mich in ihren Bann gezogen. Heute habe ich aus dem Tauchen ein Hobby gemacht und tue beruflich das, was meine Berufung ist. Wer in den 1980er Jahren eine Ausbildung zum Koch im Hotel Bareiss in Baiersbronn gemacht hat, wurde früh auf das richtige kulinarische Hauptgleis gesetzt. Ich war zur gleichen Zeit drei Tage Gast bei Hermann Bareiss und habe in Küche wie Hotel einen Premium-Standard genießen dürfen, wie ich ihn zuvor kaum und danach nie wieder erlebt habe. Jeder, wirklich jeder Wunsch wurde mir von den Lippen abgelesen. Ist das auch für Dich als Koch & Gastgeber prägend gewesen? Auf jeden Fall. Im Bareiss bekommt man beigebracht, nach Excellenz zu streben. Das galt damals und das gilt dort noch heute, immer adaptiert auf die Anforderungen der Zeit. Im Kern bleibt die Mission gleich und ist so einfach wie klar: Wir sind Gastgeber aus Leidenschaft und erfüllen unsere Pflicht, indem wir Gäste so bewirten und beherbergen, wie wir es für uns selbst und unsere Lieben gerne hätten. „Wir sind Gastgeber aus Leidenschaft!“ Apropos Koch & Gastgeber: Wirtschaftlich überleben kann man heute, bis auf wenige Ausnahmen, wohl nur mit einem (eigenen) Hotel im Rücken, oder? In meiner Branche hat sich in den letzten Jahrzehnten eine Menge (zum Guten) geändert. Ich bin seit mehr als 30 Jahren selbständig und beschäftige heute ungefähr 50 Mitarbeiter. Leidenschaft alleine reicht dafür nicht aus, sondern mein Hotel ist durchaus ein kleines und gut geführtes Unternehmen. Tatsächlich ist das Restaurant eher weniger profitabel. Gleichwohl ergänzen sich unterschiedliche Aktivitäten, und die Dollars sind nicht das Einzige, was dabei zählt. Welche Produkte dürfen in Deinem Kühlschrank auf keinen Fall fehlen? Hafermilch zum Kaffee am Morgen, eine gute Buddel Wein und ein Stück Salami am Abend. Für zwischendrin: Vollkornbrot und Blauschimmelkäse. Was gibt es jetzt bei Dir im Winter auf der Karte zu entdecken? Am heißesten ist gerade die Haferwurzel. Das war vor Jahrhunderten eines der Grundnahrungsmittel in unseren Breitengraden. Und der Graskarpfen, ein krass unterschätzter heimischer Süßwasserfisch, den wir selbst schlachten und raffiniert zubereiten. Er hat viele und fiese Gräten, die machen wir aber natürlich alle für unsere Gäste vorher raus. „Es macht einfach ein gutes Gefühl, mit seinem Einkauf zur Unterstützung von Menschen aus der Region beizutragen“, Christian Mittermeier.
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