84 GUSTOrazzo „Ich bin ein Priener, ich war immer hier und will niemals weg.“ Das sagt der Sternekoch Dominik Wachter über sich selbst. Es ist nicht verwunderlich, dass es den gebürtigen Priener nie auf Lehr- und Wanderjahren durch die Welt gezogen hat, sondern er seiner Heimat immer treu blieb. Hier, in der malerischen Landschaft von Prien am Chiemsee, erfüllte sich Dominik Wachter seinen Lebenstraum. Hier gründete er in der ehemaligen Kochschule seines Lehrmeisters Thomas Mühlberger im Oktober 2022 sein eigenes nach ihm benanntes Restaurant: „Die Wachter Foodbar“. „Eine Küche voller Finesse“ urteilt der Michelin Guide. Auch 2024 wurden Wachter & Team mit dem heiß begehrten Stern ausgezeichnet. Die Menüs, die der Sternekoch kreiert und seinen Gästen auf handgefertigter Keramik präsentiert, sind in der Tat von einzigartiger und ausgezeichneter Qualität. Doch jeder Hobbykoch weiß, dass es nicht allein auf die Kochkunst ankommt. „Das Auge isst mit“ ist nur eine von vielen Weisheiten, die darauf hindeuten, dass es mehr als Kochtalent braucht, um Feinschmecker zu begeistern. Wir haben den Sternekoch besucht und ihn zu diesem Thema befragt. Was verbirgt sich hinter dem Begriff Küchenpsychologie und warum ist sie wichtig? Dominik Wachter wagt im wahrsten Sinne des Wortes den Blick über den Tellerrand. Wie definieren Sie den Begriff Küchenpsychologie? Mit dem Begriff Küchenpsychologie verbinde ich meine Vorstellung und Philosophie des Kochens. Der Anspruch von mir und meinem Team ist es, den Gast auf eine Reise mitzunehmen, auf welcher er das Konzept der Wachter Foodbar mit all seinen Sinnen, nicht nur den Geschmacksnerven, spürt. Zentrum und Ziel der Reise bleiben selbstverständlich das Menü. Der Weg dorthin lässt sich gut mit dem Begriff Küchenpsychologie beschreiben. Lassen Sie uns konkret werden. Inwiefern beeinflusst etwa die Präsentation eines Gerichts das eigentliche Geschmackserlebnis? Die Präsentation eines Gerichtes ist ein wichtiger Punkt. Die stilvolle Darreichung eines Gerichts macht das Menü komplexer und besonderer, erfreut den Gourmet und (Wachter schmunzelt) beeindruckt vermutlich auch Restaurantkritiker. Doch Präsentation meint nicht nur Optik. Jedes Menü erzählt eine eigene Geschichte. Wir gehen mit unseren Gästen in ein Gespräch auf Augenhöhe und erzählen die Story des Gerichtes. Von welchen Produzenten und Zulieferern aus der Region stammen die Zutaten? Wie sehen unsere Arbeitsschritte und Techniken aus, mit denen wir das Menü zubereitet haben? Das interessiert den Gast, Feinschmecker und Hobbykoch und wir beantworten diese Fragen gerne. Durch solch eine verbale Präsentation fühlt sich der Gast wertgeschätzt und, was vielleicht noch wichtiger ist: Es entsteht eine emotionale Bindung zum Menü. Das Gericht wird ganz anders wahrgenommen und viel bewusster zu sich genommen. Welche weiteren psychologischen Aspekte berücksichtigen Sie bei der Menüplanung? Definitiv die Jahreszeit. Der Mensch ist wetterfühlig. Bei vielen Menschen wird die eigene Stimmung auch von der Jahreszeit beeinflusst und das spiegelt sich in unseren Menüs wider. Mit regionalen und saisonalen Produkten lässt sich die Stimmung am besten einfangen. Im Sommer bieten wir frische leichte Gerichte an, im Herbst und Winter eher dichtere und warme Speisen. Dabei achten wir stets auf die passenden Getränke. An heißen Tagen reichen wir gerne einen Champagner mit „non Dosage“. Der ist etwas frischer und animiert den Gast zum Essen. Im Winter hingegen empfehlen wir einen Champagner mit mehr Dosage. An kalten Tagen lohnt sich bei Weinen außerdem der dezente Geschmackseinsatz von Holz, um dem Gast ein Gefühl von Wärme zu vermitteln. Wie wichtig sind Farben und Texturen bei der Präsentation von Speisen, um Emotionen hervorzurufen? Sehr wichtig. In den Farben und Texturen zeigt sich auch immer die Philosophie des Restaurants. Die Wachter Foodbar steht für eine ehrliche, erdige, bodenständige Küche. Den Einsatz von Lebensmittelfarben oder zu starker Kontraste vermeiden wir dementsprechend. Die Farben in meiner Küche wirken harmonisch, sind gerne etwas gedeckter und meist Ton in Ton. Mir ist es lieber, wenn dem Gast das Wasser im Mund zusammenläuft als wenn er erschrocken wegen zu greller Farben auf dem Teller erstarrt. Das Menü sollte farblich dezent, appetitlich und ansprechend wirken. Kontraste bevorzuge ich eher bei Temperaturen und Texturen. Für meine Gäste ist es oftmals eine Geschmacksexplosion, wenn sie sich durch verschiedene Temperaturen „löffeln“ und von cremig bis crunchy alles Sternekoch Dominik Wachter wagt den Blick über den Tellerrand Küchenpsychologie, oder: Der Blick über den Tellerrand
RkJQdWJsaXNoZXIy MTc1MzY4NQ==